Legende

Ophorus, Hol Über!

Christophorus war ein Hüne von Gestalt, ein Riese groß und kräftig. Als Lebensziel hatte er sich in den Sinn gesetzt, dem Mächtigsten zu dienen. Mächtige – das waren damals die Könige. So bot er seine Dienste dem mächtigsten König Vorderasiens an. Er diente dem König so lange, bis er merkte, dass der König zusammenzuckte, wenn vom Teufel die Rede war.

Den Teufel fürchtete der starke König, also musste der Teufel mächtiger sein, dachte unser Riese und machte sich auf, den Teufel zu suchen. Er fand ihn und kam in seine Dienste. Eines Tages ritten sie zu zweit am Rande der Wüste. Da kamen sie an eine Weggabelung, an der ein Holzkreuz stand. Der Teufel machte einen Umweg, um nicht am Kreuz vorüberreiten zu müssen. Der Riese ließ nicht locker, bis der Teufel ihm erklärte, das Kreuz stünde als Zeichen für den gekreuzigten und von Gott auferweckten Jesus Christus. Mit dem wolle er nichts zu tun haben, denn mit Gott könne man nicht ringen.

Da machte sich der Riese auf, Jesus zu suchen. Ein Eremit in der Wüste sagte ihm: „Jesus findest du durch Beten und Fasten.“ Das war nichts für unseren Riesen. „Gibt es denn keinen anderen Weg?“ fragte er verzweifelt und der Einsiedler riet ihm: „Geh an den Fluss und trage schwache und alte Menschen durch die Furt. So dienst du Gott und den Menschen“.

Eines Abends, schon im Halbschlaf, hörte der Riese den Ruf „Hol über“. Es war eine leise Stimme, die eines Kindes. Aber der Riese sah niemanden und legte sich wieder hin. Erst beim dritten Mal entdeckte er das Kind und wunderte sich, dass ein kleiner Junge so spät unterwegs war.

Er setzte ihn auf seine Schulter, nahm seinen Wanderstab und stieg in den Fluss. Der Strom war reißend, und nie war ihm eine Last so schwer vorgekommen. Fast war es ihm, als drückte das Kind seinen Kopf unter Wasser. Ächzend kam er mit seiner Last am anderen Ufer an.

Verwundert schüttelte der Riese den Kopf: „Du bist nur ein Kind. Mir war es, als hätte ich die ganze Welt getragen.“ „Du hast die ganze Welt getragen, und mehr als das“, sagte das Kind und fuhr fort: „Ich bin Jesus Christus, dem du dienst. Ich taufe dich auf den Namen Christophorus – Christusträger.“ 

Das konnte er nicht glauben! Jesus ein kleines Kind?! Jesus sagte deshalb: „Zum Beweis dafür, stecke deinen alten verdorrten Wanderstab neben deiner Hütte. Morgen früh wird ein Blatt daran gewachsen sein!“ Als Christophorus am nächsten Morgen nach dem Stock guckte, sah er tatsächlich ein saftiges grünes Blatt. Da strahlte der Riese, denn er hatte sein Lebensziel erreicht. Er hatte den Stärksten getragen, der uns und die Sünden der Welt trug.

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